Polarlicht - Polarlichter - Nordlichter - Aurora Borealis - Polarlichter in Mitteleuropa - 24.10.2011 - 25.10.2011

Polarlichter - Aurora Borealis

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POLARLICHT AM 24./25.10.2011

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Das Geschehen auf der Sonne

Da es auf der Sonne seit Anfang Oktober eher ruhig zugegangen war, erregten 3 eigentlich bescheidene M-Class-Flares am 20. (M 1.6), 21. (M 1.3) und 22.10.2011 (M 1.3) eine gewisse Aufmerksamkeit. Die genannten Events hatten ihren Ursprung in den Fleckengruppen 11318, 11319 und 11314. Der Flare vom 22.10.2011 dauerte über 4 Stunden und brachte einen beachtlichen CME hervor. Dieser war allerdings auf Grund seines Ausgangspunktes nahe des Westrands der Sonne nicht erdgerichtet, sodass allenfalls ein "Streifschuss" zu erwarten war. Bereits 9 Stunden vorher war ein weiterer CME nach einem Filamentzusammenbruchs registriert worden, welcher eindeutig zumindest teilweise erdgerichtet war. Da es an diesem Tag 2 CMEs gegeben hatte, entstand kurzzeitig etwas Verwirrung, welcher nun der geoeffektive sein würde.
Mit dem Eintreffen des CMEs aus dem Filamentzusammenbruch und einem geomagnetischen Sturm wurde dann in den ersten Stunden des 25.10.2011 gerechnet.
Mit den beiden CMEs vom 22.10.2011 war die kurze Episode leicht erhöhter Sonnenaktivität bereits wieder beendet.

Anblick der Sonne mit aktiven Regionen und Coronal Holes am 22.10.2011 um 01:52 MESZ
Anblick der Sonne mit aktiven Regionen und Coronal Holes am 22.10.2011 um 01:52 MESZ.
AR 11318 ist bereits hinter dem rechten (westlichen) Sonnenrand verschwunden. (Quelle: Jan Alvestad)

Verlauf der solaren Röntgenstrahlung vom 20. - 22.10.11
Verlauf der solaren Röntgenstrahlung vom 20. - 22.10.11 mit 3 M-Class-Flares.

Video des CMEs aus dem Filamentzusammenbruch am22.10.2011
DIE SOLAREN RÖNTGENFLARES DER M-KLASSE VOM 20.10 - 22.10.2011
DatumUhrzeit (MESZ)EventAktive RegionDokumentationVideosDiskussionAnmerkungen
20.10.1105:10 - 05:44M 1.611318HEKSolarSoftAKM-Forum---
21.10.1114:53 - 15:08M 1.311319HEKSolarSoftAKM-Forum---
22.10.1111:18 - 15:40M 1.311314HEKSolarSoftAKM-ForumCME, nicht erdgerichtet

Verlauf des geomagnetischen Sturms am 24./25.10.2011

Der CME aus dem Filamentzusammenbruch traf früher als erwartet bereits am 24.10.2011 gegen 19:50 MESZ am ACE-Satelliten und dementsprechend etwa eine Stunde später bei der Erde ein. Das Erdmagnetfeld wurde bis in den Bereich der geostationären Satelliten komprimiert. Der Kp-Wert stieg zunächst auf 5, später am Abend dann bis auf 7 hoch. Bezüglich der Polarlicht-Chancen für Mitteleuropa überwog dennoch die Skepsis, da sowohl die Geschwindigkeit (ca. 550 km/s) als auch die Dichte (etwas über 10) des Sonnenwinds nicht allzu hoch waren. Viel mehr als schwache Aurora im Norden Deutschlands erwartete man nicht. Erst als das IMF gegen Mitternacht dauerhaft nach Süden drehte, wurde zunächst visuell schwaches Polarlicht in Deutschland nachgewiesen, das sich dann zur allgemeinen Überraschung in mehreren Aktivitätsphasen zur ersten wirklich hellen Erscheinung im Polarlichtzyklus 24 entwickelte. Ursächlich dafür war wahrscheinlich ein mit dem CME verwobener Sektorwechsel im Heliospheric Current Sheet (HCS), welcher ebenfalls gegen Mitternacht begann und sich verstärkend auf die Aurora-Aktivität auswirkte. Im Norden Europas traten zur gleichen Zeit sehr helle und farbenreiche Displays in Erscheinung; viele skandinavische Beobachter sahen erstmals rotes Polarlicht deutlich mit bloßem Auge. Nachdem es dort Nacht geworden war, wurden in Kanada und etwa 30 Bundesstaaten der USA (bis nach Alabama hinunter) eindrucksvolle Polarlichter beobachtet.

Am Morgen des 26.10.2011 keimte in Mitteleuropa kurzfristig Hoffnung auf, dass der geomagnetische Sturm bis zur folgenden Nacht anhalten könnte, insbesondere durch den noch erwarteten "Streifschuss" des CME aus dem M 1.3-Flare vom 22.10.2011. Doch dann drehte das IMF weit nach Norden, sodass keine Chance auf eine weitere Polarlichtnacht in Mitteleuropa bestand.

Rampenbildung im EPAM-Plot vom 22. - 25.10.2011
Rampenbildung im EPAM-Plot vom 22. - 25.10.2011, welche das Eintreffen des CMEs ankündigte.
Entwicklung wichtiger geomagnetischer Kenndaten vom 24. - 26.10.11
Entwicklung wichtiger geomagnetischer Kenndaten vom 24. - 26.10.11. Das Eintreffen des CMEs am Abend des 24.10.2011
und der nachfolgende geomagnetische Sturm sind markante Ereignisse.
SWEPAM-Plot vom 23. - 25.10.2011
Im SWEPAM-Plot sind sowohl der Schwenk des IMF (Bz-Kurve, gelb) am 24.10.11 gegen 22:00 UT (= 24:00 MESZ) als auch der gleichzeitige Sektorwechsel des HCS (Phi-Kurve, grün) deutlich sichtbar. Gegen 02:30 UT (= 04:30 MESZ) dreht das IMF nach Norden.

Das Wetter in Mitteleuropa

Die 3 nachstehenden Grafiken zeigen, wie sich der Himmel über Deutschland im Laufe der Nacht vom 24. auf den 25.10.2011 immer weiter zuzog. Verantwortlich dafür war in erster Linie eine von Südwesten herein ziehende Front, welche auch der Schweiz einen bedeckten Himmel bescherte. In der Osthälfte Deutschlands verhinderte vor allem hartnäckiger Hochnebel vielfach die Beobachtung des Polarlichts. Ein breiter wolkenfreier Korridor zog sich von Ostfriesland über Nordhessen bis in den Südosten Bayerns und nach Oberösterreich. Annehmbare Wetterbedingungen herrschten zudem in Sachsen. Die Verteilung der erfolgreichen Polarlicht-Beobachtungen kennzeichnet recht genau die genannten wolkenfreien Gebiete.
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 24.10.2011 um 23:00 MESZ
Wolkenverteilung Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 24.10.2011 um 23:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 25.10.2011 um 02:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 25.10.2011 um 02:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 25.10.2011 um 05:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 25.10.2011 um 05:00 MESZ

Beobachtungen der Polarlichter in Mitteleuropa

Von dem Polarlicht in der Nacht vom 24. auf den 25.10.2011 liegen eine beträchtliche Anzahl von Beobachtungen aus Deutschland sowie eine einzelne Meldung aus Österreich vor.

Die uns bekannten Beobachtungen haben wir in einer ÜBERSICHTSTABELLE zusammengefasst, welche Sie sich in einem separaten Fenster anschauen können. Zusätzlich haben wir aus den Tabellendaten nachstehende Karte erstellt, welche die geografische Verteilung der Beobachtungen und die Helligkeit der beobachteten Polarlichter zeigt.

Geografische Verteilung und Helligkeit der Polarlichtbeobachtungen in Mitteleuropa am 24./25.10.2011
Geografische Verteilung und Helligkeit der Polarlichtbeobachtungen in Mitteleuropa am 24./25.10.2011.

Das Polarlicht trat in bis zu 6 Aktivitätsphasen auf, welche durch die Aufzeichnungen der AllSky-Cam im österreichischen Gahberg zeitgenau dokumentiert sind. Von kurz vor Mitternacht bis etwa 00:30 MESZ war die Aurora visuell nur schwach erkennbar, einige Beobachter meldeten nur fotografisches Polarlicht. Um 01:30 MESZ gab es einen weiteren Substorm, welcher zu visuell deutlich sichtbaren Erscheinungen führte. Danach war auch an den Webcams im nördlichen Deutschland abgesehen von einem sehr bescheidenen Intermezzo gegen 02:30 Uhr keine Aktivität mehr feststellbar. Da die "magnetische Mitternacht" nun bereits einige Stunden zurücklag und vielerorts Bewölkung aufzog, zog sich die Mehrzahl der Beobachter ins Bett zurück. Sie verpassten dadurch den dritten Substorm, welcher zwischen 03:00 und 03:45 Mitteleuropa die bis dahin mit Abstand hellsten Polarlichter des 24. Sonnenfleckenzyklus hervorbrachte.
Obwohl die ersten Sichtungsmeldungen typischerweise um Mitternacht erfolgten, war das Polarlicht offenbar bereits früher, mindestens ab 23:11 MESZ, fotografisch wahrnehmbar (Roman Breisch). Nördlich des 51. Breitengrades blieb die Aurora auch noch sichtbar, als die markanteste Aktivitätsphase gegen 03:50 MESZ beendet war. Der letzte Nachweis gelang Oliver Schneider um 04:45 MESZ. Etwa zu dieser Zeit drehte das IMF nach Norden.
Ob das Polarlicht für einen Beobachter visuell nur schwach oder aber hell wahrnehmbar war, hing viel weniger von der geografischen Position als von den atmosphärischen Bedingungen (Dunst, Wolken, Lichtverschmutzung) und vor allem von der Beobachtungszeit ab. Wie erwähnt verpassten einige den letzten und heftigsten Substorm. Zu beachten ist, dass in unserer Tabelle und in der Karte die Bilder automatischer Webcams als fotografische Beobachtung gewertet wurden.

An Strukturen wurden helle rote Flächen und Vorhänge, rote und weiße Beamer und im Norden auch grüne Vorhänge gemeldet. Insgesamt bot diese Nacht ein klassisches Beispiel für die charakteristischen roten Polarlichter niedriger geomagnetischer Breiten. Da mehrere Beobachter ausdrücklich die beträchtliche visuelle Helligkeit während der letzten Aktivitätsphase nach 03:00 MESZ betonten, wurde dieses Polarlicht in unserer Chronik als "hell" eingestuft. Es war durchaus mit einigen der bedeutenderen Displays des 23. Zyklus - wie 07./08.11.2004 oder 21./22.01.2005 - vergleichbar. Im Unterschied zu den genannten Beispielen wurde die maximale Helligkeit diesmal aber nur für einen kurzen Zeitraum erreicht.

Diskussionsthreads im AKM-Forum für Polarlichter
Toll ... M-Flare am Westrand (Begonnen am 20.10.11, 09:46 MESZ; 21 Beiträge bis 23.10.11, 23:28 MESZ)
CME auf Lasco und Stereo (Begonnen am 22.10.11, 13:54 MESZ; 2 Beiträge bis 22.10.11, 21:50 MESZ)
Helles Polarlicht am 24/25.10.2011 (Begonnen am 24.10.11, 19:06 MESZ; 121 Beiträge bis 03.11.11, 00:29 MESZ)
Polarlicht-Warnung für HEUTE Abend (25./26.10.2011) (Begonnen am 25.10.11, 12:25 MESZ; 4 Beiträge bis 26.10.11, 09:06 MESZ)
"Negatives Polarlicht"? (24./25.10.2011) (Begonnen am 26.10.11, 11:09 MESZ; 12 Beiträge bis 26.10.11, 21:30 MESZ)

The Sun Today: Anatomy of a Geomagnetic Storm – What made that great Aurora?

Spaceweather.com: Northern Lights photo gallery October 2011

NASA: Beautiful Red Aurora

Scientific America: Northern Lights Go South - Geomagnetic Storm Lights U.S. Skies with Auroral Display

Space.com: Spectacular Northern Lights Display Leaves Skywatchers Spellbound

Daniel Fischer: Schon wieder spektakuläre Polarlichter über Deutschland

Roman Breisch: Polarlicht über Sittenbach am 25.10.2011 (Video auf Youtube)

Mathias H.: Aurora Borealis over Versmold (Germany) on 24./25. 10. 2011 (Video auf Youtube)

Maciej Libert: Polarlicht über Deutschland 24.10.11 (Video auf Youtube)

Malcolm Park: October Skylights

Literaturangaben zum Polarlicht am 24./25.10.2011

Krause, Stefan (2011): Das Polarlicht vom 24./25. Oktober 2011. Sternzeit 1/2012, 41-44.

Rieth, Ulrich (2011): Unerwartet helles Polarlicht im Oktober bis nach Österreich beobachtet. Meteoros 14 (12), 287-290.