Polarlichter - Aurora Borealis |
VORHERIGES POLARLICHT | POLARLICHT-CHRONIK | NÄCHSTES POLARLICHT |
POLARLICHTER UND AIRGLOW AM 15. UND 16.07.2012 |
|
Mit Unterstützung von
|
Das Geschehen auf der SonneSeit dem Polarlicht vom 15.03.2012 war es auf der Sonne eher ruhig geblieben; es gab nur wenige kurze Aktivitätsepisoden. Dies änderte sich erst in den letzten Junitagen, als eine über 3 Wochen anhaltende Episode begann, in deren Verlauf mehrere kleinere und zwei sehr große Sonnenflecken-Gruppen (AR 11515 und AR 111520) erschienen, welche zwischen dem 28.06. und dem 19.07.2012 insgesamt 44 M-Class-Flares und 2 X-Class-Flares hervorbrachten. Es handelte sich in dieser Hinsicht um die bislang ausgeprägteste Aktivitätsepisode im 24. Sonnenfleckenzyklus. Die Flares waren typischerweise sehr impulsiv und brachten allenfalls schwache CMEs hervor. Dies galt auch für einen Flare der Kategorie X 1.1, welcher sich am 06.07.2012 (UT, 07.07.12 in MESZ) in AR 11515 ereignete. Erst ein weiterer X-Class-Flare (X 1.4), der am 12.07.2012 gegen 18:30 MESZ aus AR 11520 hervorging, erwies sich als geoeffektiv. Er war von einem erdgerichteten CME und einem starken Ausstoß an Protonen begleitet. Zwei langanhaltende M-Class-Flares am 17. und 19.07.12 fanden bereits so weit am westlichen Rand der Sonne statt, dass die zugehörigen CMEs sich nicht mehr auf das Erdmagnetfeld auswirken konnten. Die Fleckengruppen 11515 und 11520 konnten jeweils mehrere mehrere Tage lang mit dem bloßen Auge (und entsprechendem Schutzfilter) beobachtet werden. Im Unterschied zu den bisherigen großen Gruppen des 24. Zyklus befanden sie sich in der Südhemisphäre der Sonne. Die Sonne am 07.07.2012 um 21:00 MESZ mit den großen Fleckengruppe 11515 (rechts) und 11520 (links) sowie mehreren kleineren Fleckengruppen.
Verlauf der solaren Röntgenstrahlung vom 11. - 13.07.12 mit dem lang andauernden X-Class Flare vom 12.07.2012.
NASA-Video des X 1.4-Flares am 12.07.2012
|
Verlauf des geomagnetischen Sturms vom 14. - 17.07.2012
Der CME aus dem X 1.4 Flare vom 12.07.2012 traf am 14.07.2012 um 19:25 MESZ am ACE-Satelliten und um kurz nach 20:00 MESZ bei der Erde ein. Dadurch wurde ein geomagnetischer Sturm der Kategorie G1 ausgelöst, der (nachträglich berechnete) Kp-Wert stieg auf 5; die Gesamtfeldstärke (Bt) des Interplanetaren Magnetfelds (IMF) erreichte etwa 20nT, wobei es zunächst mehrfach die Ausrichtung wechselte, um dann noch vor Einbruch der Nacht in Mitteleuropa für viele Stunden nach Norden zu schwenken. Dadurch bestanden bei uns nur geringe Chancen, Polarlichter zu beobachten. Als das IMF wieder nach Süden drehte, war die um diese Jahreszeit extrem kurze Nacht in Mitteleuropa bereits vorbei. Zudem war die Gesamtfeldstärke nun unter 10nT abgesunken.
Entwicklung wichtiger geomagnetischer Kenndaten vom 14. - 16.07.12. Das weitaus markanteste Ereignis ist
der Impakt des CMEs aus dem X 1.4-Flare, welcher am 14.07.12 gegen Abend erfolgte. |
Das Wetter in Mitteleuropa
Die nachstehenden Grafiken zeigen, dass in der Nacht vom 14. auf den 15.07.2012 weite Teile Deutschlands wolkenfrei waren. Dagegen zog es sich der Folgenacht mehr und mehr zu; gegen 02:00 Uhr, als die Polarlichtaktivtät ihren Höhepunkt erreichte, war es überwiegend bedeckt. Tatsächlich gelangen viele Beobachtungen nur durch zeitweilige Wolkenlücken hindurch.
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 14.07.2012 um 23:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 15.07.2012 um 02:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 15.07.2012 um 23:00 MESZ
Wolkenverteilung über Mitteleuropa am 16.07.2012 um 02:00 MESZ
|
Beobachtungen am Morgen des 15.07.2012 in Deutschland
Der CME war günstig an einem Samstagabend eingetroffen. Folglich lagen praktisch alle deutschen Polarlichtfans auf der Lauer - und wurden bitter enttäuscht. Die nördliche Ausrichtung des IMF ließ in mittleren Breiten fast keine Polarlichtaktivität zu. Als nach Mitternacht einige Fotos auftauchten, welche ein schwaches violettes Leuchten zeigten, wurde daher zunächst stark angezweifelt, dass es sich dabei um Aurora Borealis handeln könnte. Erst ein Video von Michael Theusner lieferte den eindeutigen Beleg für fotografisches Polarlicht. Die uns bekannten Beobachtungen von Polarlicht und Airglow am frühen Morgen des 15.07.2012 haben wir in nachstehender Karte zusammengefasst, welche die geografische Verteilung der Nachweise zeigt. Geografische Verteilung der Polarlicht- und Airglowbeobachtungen in Deutschland am 15.07.2012.
Trotz des enttäuschenden Verlaufs der Nacht - die Sache mit dem Airglow hatte sich noch nicht rumgesprochen und auch die von dem einen oder anderen erhofften Leuchtenden Nachtwolken waren ausgeblieben - harrten manche Sternfreunde noch bis weit in die Morgendämmerung aus, denn zwischen etwa 03:45 und 04:15 MESZ fand eine Jupiterbedeckung durch den Mond statt. Doch auch deren Beobachtung wurde vielfach zum Fehlschlag (Bericht von Wolfgang Dzieran), weil die Bewölkung zum Morgen hin immer mehr zunahm. |
Beobachtungen am 15./16.07.12 in Mitteleuropa
Da die Erde sich am Abend des 15.07.2012 bereit seit über 12 Stunden bei südlich ausgerichtetem IMF in der magnetischen Blase des CME befand, bestand kein Zweifel, dass in der Nacht zum 16.07.2012 visuelle Polarlichter auftreten würden. Angesichts der kurzen Dunkelheitsphase war dafür allerdings Voraussetzung, dass geomagnetische Substorms zur richtigen Zeit stattfinden würden. Ein solcher Substorm erreichte seinen Höhepunkt gegen 21:00 MESZ und war nach Ende der nautischen Dämmerung bereits abgeklungen. Lediglich im Osten Mitteleuropas (Brandenburg, Sachsen, Österreich), wo es etwas früher dunkel wurde, konnte zwischen etwa 23:15 und 23:55 MESZ fotografisch noch violette Polarlichter nachgewiesen werden. Die uns bekannten Beobachtungen haben wir in einer ÜBERSICHTSTABELLE zusammengefasst, die Sie sich in einem separaten Fenster anschauen können. Zusätzlich haben wir aus den Tabellendaten nachstehende Karte erstellt, welche die geografische Verteilung der Nachweise und die Helligkeit der beobachteten Polarlichter zeigt. Geografische Verteilung und Helligkeit der Polarlichtbeobachtungen in Deutschland am 15./16.07.2012.
Die Aurora Borealis vom 15./16.07.2012 war ein typisches Sommer-Polarlicht*, bei dem das hochreichende rote Polarlicht im Sonnenlicht lag und daher violett erschien. Zudem trug der dunkelblaue Himmelshintergrund der Mitternachtsdämmerung zu den violetten und sogar blauen Farbtönen bei. Wie bei vielen Polarlichtern in Mitteleuropa trat der grüne Polarlichtbogen lediglich in Norddeutschland zeitweilig knapp über dem Horizont in Erscheinung. * Klassische Beispiele für Sommer-Polarlichter sind das Bastille Day-Event (15./16.07.2000) und das ITV-Polarlicht (29./30.05.2003). Im erstgenannten Fall konnten ebenfalls Leuchtende Nachtwolken zusammen mit Polarlichtern beobachtet werden. Denjenigen, die bis zum Ende der Nacht draußen waren und eine der immer weniger werdenden Wolkenlücken erwischten, bot sich in der Morgendämmerung des 16.07.2012 zum Abschluss eines spannenden Astronomie-Wochenendes ein sehenswerter Anblick über dem Osthorizont. Dort bildeten Jupiter, Aldebaran, Venus und der abnehmende Mond ein bemerkenswertes Viergestirn (Eigener Bericht). |
LiteraturangabenHinz, Claudia (2012): Airglow - wenn aus "grünem Polarlicht" ein noch selteneres Phänomen wird. Meteoros 15 (7-8), 185-189. Hinz, Claudia (2013): Airglow - Wenn aus "grünem Polarlicht" ein noch selteneres Phänomen wird. VdS-Journal 44, 75-77. Jonas, Carsten (2012): Die Bedeckung der Bedeckung - oder doch lieber Polarlichter? Sternkieker 4/2012, 202-203. Krause, Stefan (2013): Die Polarlichter im 2. Halbjahr 2012. Sternzeit 2/2013, 94-97. Schwager, Stefan (2013): Polarlicht 2012 über Riesa - "Aurora Borealis" live erlebt. VdS-Journal 44, 127-131. |