Airglow - Das Leuchten des NachthimmelsFoto: ESO/Y. Beletsky; Lizenziert unter CC BY 3.0
|
VORHERGEHENDE SEITE | HAUPTSEITE POLARLICHTER |
EinführungAirglow entsteht in der Mesopause und in der Thermosphäre durch Lichtemissionen von Atomen und Molekülen, welche über chemische Prozesse angeregt werden. Durch harte UV- und Röntgenstrahlung der Sonne werden Sauerstoffmoleküle (O2) in atomaren Sauerstoff (O) aufgespalten. Dieser Prozess ist für die hohen Temperaturen in der Thermosphäre verantwortlich. Atomarer Sauerstoff rekombiniert nur sehr langsam zu O2. Er stellt daher einen Speicher für die aus der UV-Strahlung stammende Energie dar, welcher während der Nacht chemische Reaktionen antreibt, die zur Emission von Airglow führen. Die direkte Anregung von Atomen und Molekülen durch UV-Strahlung kann für das nächtliche Airglow nicht verantwortlich sein, weil jene in Zeiträumen von höchstens einigen Minuten unter Aussendung von Licht wieder in den Grundzustand zurückfallen. Bereits kurz nach Sonnenuntergang könnte es daher ohne den Energiespeicher in Form atomaren Sauerstoffs kein Airglow mehr geben. Tatsächlich ist das Airglow auf der Tagseite der Erde auch etwa 1000fach so stark wie auf der Nachtseite. Dort ist es auf Fotos, welche aus der Erdumlaufbahn geschossen werden, als eine überwiegend grün leuchtende Schicht erkennbar. Deren Intensität ist stark schwankend und auf kürzeren Zeitskalen nicht vorhersagbar. Zumindest bei einigen der beteiligten Emissionslinien besteht ein offensichtlicher Zusammenhang mit dem Sonnenfleckenzyklus. Je aktiver die Sonne ist umso mehr UV-Licht strahlt sie ab, was wiederum eine verstärkte Bildung von atomarem Sauerstoff in der Hochatmosphäre nach sich zieht. Airglow entsteht wie oben erwähnt durch - z.T. komplexe - chemische Reaktionen (Beispiele), welche durch atomaren Sauerstoff getriggert werden. Diese spielen sich abhängig von den beteiligten Atomen und Molekülen in unterschiedlichen Höhen ab, wobei jeweils spezifische Emissionslinien entstehen. Daraus resultieren verschiedene Airglow-Layer in Höhen von etwa 85 bis zu 300 Kilometern: 86 - 87 km: Emissionen im roten und infraroten Licht durch Hydroxyl- (OH-) Radikale
Nach oben hin werden die Layer dadurch begrenzt, dass die Dichte der beteiligten Atome und Moleküle zu gering wird, als dass die jeweiligen chemischen Reaktionen in nennenswertem Maßstab ablaufen könnten. Die unteren Begrenzungen markieren den Bereich, ab dem die Anregungsenergie durch Kollision mit anderen Atomen und Molekülen abgebaut wird, bevor dies durch die Abstrahlung von Licht geschehen kann. Unterhalb von etwa 86km ist die Dichte der Atmosphäre so groß, dass keine Airglow-Layer existieren können. Dazu muss man wissen, dass es z.B. 1 Sekunde dauert, bis ein angeregtes O-Atom unter Aussendung von Licht der Wellenlänge 558nm in den Grundzustand zurückkehrt. Unter Druckverhältnissen, wie sie am Erdboden herrschen, unterliegt ein Luftmolekül in diesem Zeitraum Millionen von Kollisionen mit anderen Molekülen. Folglich können die typischen Emmissionslinien des Airglows unter Normaldruck überhaupt nicht auftreten. Man bezeichnet sie daher auch als "Verbotene Linien".
90 - 100 km: Emmission im grünen Licht (558nm) durch atomaren Sauerstoff 92 km: Emission im gelben Licht (ca. 590nm) durch Natrium (in der Form von gasförmigem Natriumbicarbonat) 95 km: Emmission im blauen Licht durch molekularen Sauerstoff 150 - 300 km: Emmissionen im roten Licht (630nm) durch molekularen Sauerstoff Airglow macht sich nicht nur auf Satellitenfotos, sondern auch vom Erdboden aus bemerkbar, nämlich in Form einer schwachen allgemeinen Himmelsaufhellung, welche zum Leidwesen der Astronomen die Leistungsfähigkeit erdgebundener Teleskope einschränkt. Intensiveres Airglow ist auf lange belichteten Himmelsaufnahmen fotografisch nachweisbar. Unter günstigen Bedingungen kann es abseits irdischer Streulichtquellen auch visuell beobachtet werden, wobei es dem bloßen Auge in aller Regel als farbloser bis grauer Schleier erscheint. Zumeist handelt es sich dabei um den grünen Layer in 90 bis 100km Höhe. Fotos zeigen nicht nur die Farbe, sondern typischerweise auch eine Struktur aus parallelen Bändern. Diese wandern langsam über den Himmel. Die Bewegung und die Struktur resultieren aus Schwerewellen, welche aus der Troposphäre bis in die untere Thermosphäre aufsteigen, wo sie auf Grund der geringen Luftdichte schließlich gebrochen werden. Sie erreichen also nicht den wesentlich höheren roten Airglow-Layer, welcher folglich weitgehend strukturlos ist. Dagegen präsentiert sich der im Bereich der Mesopause angesiedelte tiefrote bis infrarote Hydroxyl-Layer auf Fotos ebenfalls mit einer gebänderten Struktur. In der Atmosphären-Forschung wird das Hydroxyl-Airglow daher als Marker für dynamische Prozesse in der Hochatmosphäre benutzt. Obwohl sich Airglow zumeist über den gesamten Himmel erstreckt, erscheint es 10 - 15 Grad über dem Horizont am kräftigsten. Hier wirkt sich der von Wolken wohlbekannte perspektivische Effekt aus. Wir blicken nicht wie in Zenitnähe vertikal auf eine wenige Kilometer dicke Schicht von extrem geringer Dichte, sondern von schräg unten fast auf die Kante eines sich horizontal über hunderte Kilometer erstreckenden Layers. In unmittelbarer Horizontnähe fällt das Airglow der Extinktion zum Opfer. Obwohl Airglow und Polarlichter die grünen und roten Sauerstoff-Emmissionslinien gemeinsam haben, liegen ihnen unterschiedliche Prozesse zu Grunde. Polarlichter entstehen in Folge direkter Anregung von Atomen und Molekülen durch Elektronen des Sonnenwindes, während Airglow indirekt durch die UV-Strahlung der Sonne verursacht wird. |
Das Airglow-Event vom 15.07.2012
Am Abend des 14.07.2012 traf eine Coronal Mass Ejection (CME) bei der Erde ein. Da es sich um einen Samstag handelte, lagen praktisch alle deutschen Polarlichtfans auf der Lauer. Doch die nördliche Ausrichtung des Interplanetaren Magnetfeldes (IMF) ließ in mittleren Breiten fast keine Polarlichtaktivität zu. Als nach Mitternacht einige Fotos auftauchten, welche ein schwaches violettes Leuchten zeigten, wurde daher zunächst stark angezweifelt, dass es sich dabei um Aurora Borealis handeln könnte. Erst ein Video von Michael Theusner lieferte den eindeutigen Beleg für fotografisches Polarlicht. |
Airglow-Beobachtungen in MitteleuropaNachstehend finden Sie, beginnend mit dem jeweils letzten Ereignis, eine Chronologie der bislang aus Mitteleuropa bekannt gewordenen Airglow-Events.
|
LiteraturangabenFreund, J.T. & Jacka, F. (1979): Structure in the 557.7nm (O) airglow. Journal of Atmospheric and Terrestrial Physics 41 (1), 25–31. Hinz, Claudia (2012): Airglow - wenn aus "grünem Polarlicht" ein noch selteneres Phänomen wird. VdS-Journal 44, 75-77. Hoffmeister, Cuno (1960): Interplanetare Materie und Verstärktes Nachthimmelleuchten. Zeitschrift für Astrophysik 49, 233-242. Makhlouf, U.B.; Picard, R.H.; Taylor, M.J. & Winick, J.R. (1997): Gravity waves and vertical diffusion in the lower thermosphere 557.7nm airglow. Advances in Space Research 19 (4), 583–586. Malsch, W. (1937): Leuchtende Bänder. Astronomische Nachrichten 262, 45-46. Medvedeva, I.V.; Beletsky, A.B.; Mikhalev, A.V.; Abushenko, N.A.; Chernigovskaya, M.A. & Tashchilin, S.A. (2006): Stratospheric warming as a source of the 557.7 nm airglow variations. 36th COSPAR Scientific Assembly. Held 16 - 23 July 2006, in Beijing, China. Meeting abstract from the CDROM, #1701. Mikhalev, A.V. & Medvedeva, I.V. (2009): Manifestations of the solar cycles in the 557.7 and 630 nm airglow variations in the upper atmosphere. Geophysical Research Abstracts, Vol. 11, EGU2009-1624. Pertsev, N. & Perminov, V. (2008): Response of the mesopause airglow to solar activity inferred from measurements at Zvenigorod, Russia. Ann. Geophys., 26, 1049–1056. Riepe, Peter & Binnewies, Stefan (1992): Airglow - was ist das eigentlich? Sterne und Weltraum 1992 (6), 410-412. Wolf, Max (1921): Leuchtende Bänder am Nordhimmel. Astronomische Nachrichten 214, 69-70. Wolf, Max (1922): Hell leuchtende Bänder am Nordhimmel. Astronomische Nachrichten 215, 353-356. |