Polarlichter - Aurora Borealis |
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POLARLICHT AM 05./06.08.2011 |
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Das Geschehen auf der SonneNach einer längeren ruhigen Phase nahm die Aktivität auf der Sonne Ende Juli 2011 wieder zu. Am 25.07.2011 tauchte die Fleckengruppe NOAA 11260 auf, welche zwei Tage später mit einem Röntgenflare der Kategorie M 1.1 auf sich aufmerksam machte, aber damit ihr Pulver auch bereits weitgehend verschossen hatte. Doch mit 11261 und 11263 erschienen zwei weitere, weitaus größere und magnetisch aktivere Fleckengruppen am Ostrand der Sonne. 11261 produzierte am 30.07.2011 einen Flare der Kategorie M 9.3, welcher allerdings nicht von einem koronalen Massenaufwurf (CME) begleitet war. Um den 01.08.2011 konnte man bereits mit einem Fernglas (und entsprechendem Schutzfilter) die 3 eindrucksvollen Fleckengruppen problemlos beobachten. Die Sonne am 02.08.2011 um 17:56 MESZ mit (von links) den Fleckengruppen 11263, 11261 & 11260.
Aufgenommen in Bonn mit einer Panasonic DMC-FZ18, Blende 8, 1/1300s, ISO 100, Brennweite 504mm, Bild bearbeitet. Hatten die Polarlichtbeobachter das Geschehen bisher mit Interesse verfolgt, so machte sich am 02.08.2011 Enthusiasmus breit. Ein relativ schwacher (M 1.4), aber lang anhaltender Flare aus der Gruppe 11261 hatte gegen 08:00 MESZ einen genau erdgerichteten CME produziert, mit dessen Ankunft am 04. oder 05.08.11 gerechnet wurde. Während man noch gespannt wartete, ereignete sich am 03.08.2011 gegen 16:00 MESZ ein M 6.0-Flare in der gleichen Fleckengruppe, welcher einen weiteren, aber wesentlich schneller laufenden CME Richtung Erde schickte. 11261 legte am 04.08.2011 gegen 06:00 MESZ nach, mit einem noch stärkeren Flare (M 9.3), dessen CME noch schneller lief, aber das Erdmagnetfeld nicht mehr frontal, sondern nur noch streifend treffen würde, weil die Fleckengruppe inzwischen weit westlich der Sonnenmitte stand. 11261 hatte damit den finalen Schuss losgelassen und begann sich aufzulösen. Verlauf der solaren Röntgenstrahlung vom 02. - 05.08.11 mit 5 M-Class-Flares.
Die Fleckengruppe 11263 hatte zwischenzeitlich (am 03.08.11) trotz ähnlich komplexer Magnetstruktur wie 11261 lediglich eine M 1.7-Flare ohne CME hervorgebracht. Als sich 11263 bereits dem stark dem westlichen Rand der Sonne genähert hatte, meldete sie sich mit 2 Flares der Kategorien M 3.5 und M 2.5 in der Nacht vom 8. auf den 9. August noch einmal zurück. Trotzdem hatte wohl niemand erwartet, dass sie unmittelbar danach, am 09.08.2011 gegen 10:00 MESZ, mit dem bislang stärksten Röntgenflare des Zyklus 24 aufwarten würde. Dieser Flare der Kategorie X 6.9 markierte den spektakulären Abschluss der insgesamt zweiwöchigen Aktivitäts-Episode. Der X 6.9-Flare vom 09.08.11 war der stärkste seit dem X 9.0 vom 05.12.2006. Gemäß einer Auflistung von Barry LaBonte gab es im gesamten Sonnenfleckenzyklus 23 lediglich 8 weitere Flares, welche stärker als X 6.9 ausfielen. Insgesamt brachte Zyklus 23 126 X-Class Flares hervor; im Zyklus 22 waren es 152, davon 15 stärker als X 6.9. NASA-Video des X 6.9-Flares am 09.08.2011
Sonnenflecken vom 25.07. - 10.08.2011. Courtesy of NASA/SDO and the AIA, EVE, and HMI science teams.
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Verlauf des geomagnetischen Sturms am 05./06.08.2011Am 04.08.2011 bewegten sich also 3 CMEs auf die Erde zu, wobei erwartet wurde, dass die beiden zuletzt produzierten fast gleichzeitig, aber deutlich nach dem ersten eintreffen würden. Es war auf jeden Fall ein hohes Potential für in Mitteleuropa sichtbare Polarlichter gegeben. Als der erste CME aus der Fleckengruppe 11261 am 05.08.2011 gegen 23:05 MESZ auf das Erdmagnetfeld traf, wurden die hohen Erwartungen der Polarlichtbeobachter aber zunächst enttäuscht. Die Geschwindigkeit und die Teilchendichte waren viel geringer als erwartet; der Kp-Wert stieg lediglich von 1 auf 3. Doch noch waren 2 CMEs unterwegs, und sie trafen wie erwartet fast gleichzeitig, im Abstand von nur 70 Minuten, am Abend des 05.08.2011 gegen 19:20 bzw. 20:30 MESZ ein (Ulrich Rieth). Fast augenblicklich wurde ein geomagnetischer Sturm der zweithöchsten Kategorie G4 ausgelöst; der Kp-Wert schnellte von 3 auf 8 hoch. Da zudem noch das Interplanetare Magnetfeld (IMF) nach Süden drehte, traten nach Ende der Dämmerung zunächst in Mitteleuropa und kurz darauf auch in England Polarlichter auf, welche bis südlich des 50. Breitengrades sichtbar waren. Die Polarlichtaktivität hielt bis zum Beginn der Morgendämmerung an. Damit war aber der geomagnetische Sturm noch nicht zu Ende, denn nachdem es dort Nacht geworden war, traten nun in Kanada und in der Nordhälfte der USA die hellsten und eindrucksvollsten Polarlichter seit Jahren auf. Allerdings sanken die Kp-Werte immer mehr ab, so dass in der Folgenacht in Mitteleuropa keine Chance auf weitere Polarlichter bestand. Entwicklung wichtiger geomagnetischer Kenndaten vom 04. - 07.08.11. Das fast gleichzeitieg Eintreffen der beiden CMEs am Abend 05.08.2011 ist in allen Plots ein markantes Ereignis; die Ankunft des ersten CME am frühen Morgen des 05.08.11 macht sich dagegen nur wenig bemerkbar.
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Das Wetter in Deutschland
Die beiden nachstehenden Fotos zeigen, dass die norddeutschen Küstengebiete, der Süden Sachsens und das Rhein-Main-Gebiet während der Stunden um Mitternacht weitgehend wolkenfrei waren. Später klarte es im Südwesten und in der Mitte Deutschlands großflächig auf. Dagegen lagen große Teile Bayerns und des Alpenraums durchgehend unter einer Wolkendecke. Ein weiteres Bewökunsgebiet erstreckte sich langsam nach Norden ziehend entlang des 52. Breitengrades. Hier gab es aber durchaus einzelne Wolkenlücken. Auf die Gesamtfläche Deutschlands bezogen boten sich also durchaus gute Möglichkeiten zur Polarlichtbeobachtung.
Wolkenverteilung über Deutschland am 05.08.2011 um 23:00 MESZ
Wolkenverteilung über Deutschland am 06.08.2011 um 02:00 MESZ
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Beobachtungen des Polarlichts in Deutschland
Von dem Polarlicht in der Nacht vom 05. auf den 06.08.2011 liegen zahlreiche Beobachtungen vor. Drei Faktoren trugen zu einer insgesamt sehr guten und flächendeckenden Dokumentation des Ereignisses bei: Die uns bekannten Beobachtungen haben wir in einer ÜBERSICHTSTABELLE zusammengefasst, welche Sie sich in einem separaten Fenster anschauen können. Zusätzlich haben wir aus den Tabellendaten nachstehende Karte erstellt, welche die geografische Verteilung der Beobachtungen und die Helligkeit der beobachteten Polarlichter zeigt. Geografische Verteilung und Helligkeit der Polarlichtbeobachtungen in Deutschland am 05./06.08.2011. 2 Beobachtungen (bei Recklinghausen und Stuttgart), deren geografische Position unsicher ist, wurden nicht berücksichtigt; Beobachtungen, die am gleichen Ort erfolgten (3x Kiel, 3x Wremen und 2x Dörnberg) wurden zusammengefasst.
Obwohl dieses Polarlicht in weiten Teilen des Landes beobachtet werden konnte, war es eher lichtschwach und an vielen Orten mit dem bloßem Auge kaum oder gar nicht wahrnehmbar. Die meisten visuellen Beobachtungen gelangen zwischen 23:45 und 00:15 Uhr MESZ. Dieser Zeitraum markiert damit ganz klar die Hauptaktivitätsphase. Fotografisch war das Polarlicht allerdings in der gesamten astronomisch dunklen Nacht nachweisbar. Die erste Sichtung erfolgte um 23:14 MESZ (Uwe Freitag), das späteste Foto entstand um 04:00 MESZ (Martin Fiedler). Die Beobachtungen des letztgenannten Autors sowie von Christoph Petermann deuten darauf hin, dass es zwischen 03:00 und 04:00 MESZ eine zweite Phase mit verstärkter Aktivität gab.
Fotos von Michael Theusner belegen, dass das rotes Polarlicht gegen 02:00 MESZ in Bremerhaven bis in den Zenit reichte. Zu diesem Zeitpunkt hätte es bei optimalen atmosphärischen Bedingungen fotografisch bis nach Norditalien wahrgenommen werden können. Soweit bekannt, hat es jedoch südlich des 49. Breitengrades keinen erfolgreichen Beobachtungsversuch gegeben. Dies mag auch daran liegen, dass das Polarlichtoval zur Hauptaktivitätsphase gegen Mitternacht noch weiter nördlich über Dänemark lag. |
Literaturangaben zum Polarlicht am 05./06.08.2011Gerstheimer, Ralf (2011): Farbreigen am Himmel - aktive Sonne und Polarlichter. Sterne und Weltraum 10/2011, 74-77. Krause, Stefan (2011): Polarlicht über Deutschland am 5./6. August 2011. Sternzeit 4/2011, 185-189. Rieth, Ulrich (2011): Starkes Polarlicht im August bis ins Rhein-Main-Gebiet beobachtet. Meteoros 14 (8), 201-203. |